Drei Beispiele architekturbezogener Kunst an der Leipziger Straße

Wer die zweieinhalb Kilometer vom Molkenmarkt hinter dem Roten Rathaus bis zum Potsdamer Platz zu Fuß geht, wird sich wahrscheinlich wünschen, lieber mit dem Taxi gefahren zu sein: Die sechsspurige Leipziger Straße lädt keinesfalls zum Flanieren ein. Jedoch würde die schnelle Autofahrt eine ganze Reihe interessanter, zum Teil merkwürdiger Begegnungen verhindern.
An der Friedrichsgracht hat ein freundlicher Riese in der Nachmittagssonne den Arm zum Gruß erhoben, als würde er die Enten unten im Wasser willkommen heißen. Etwas weiter im Westen, am Fuß der Hochhäuser an der Leipziger Straße, wird unser Blick von einem Lichtspiel aus Bögen, Wellen, Kreisen und Kurven gefangen. Ist es überhaupt möglich, dass die 25 Geschosse der Hochhäuser auf dieser hellen, wolkigen Unterlage stehen können? Auf der anderen Straßenseite wird diese statische Meisterleistung nicht wiederholt. Verirrt man sich jedoch in den Hinterhof, wo der ununterbrochene Autoverkehr zur leisen Geräuschkulisse wird, trifft man plötzlich auf einen zwischen den Bäumen sitzenden nackten jungen Mann. Tief in Gedanken versunken blickt er in die Ferne, in der linken Hand hält er einen Apfel.

So verwunderlich ist diese Realität bei näherer Betrachtung jedoch nicht. Die drei hier flüchtig beschriebenen Begegnungen sind in der Tat solche mit Kunstwerken, die im Rahmen der Neugestaltung der Ostberliner Mitte von den späten 1960er bis in die 1980er Jahre hinein entstanden. Nach langer Planung wurde hier eine Erweiterung des Stadtzentrums gebaut.1 Bei solch einer städtebaulichen Aufgabe durfte die Kunst nicht fehlen. Die Idee einer „Kunst am Bau“, welche zum Teil direkt aus den Baumitteln finanziert wird und von Anfang an Bestand der architektonischen Gestaltung ist, war in beiden deutschen Staaten etabliert, jedoch fand sie in der DDR eine besonders konsequente Anwendung. Über das gesamte Bestehen des sozialistischen Staates hinweg wurden die Probleme und Lösungen einer „Kunst im öffentlichen Raum“, „architektur-bezogenen Kunst“ oder gar der technokratisch anmutenden „Kunst in der komplex gestalteten Umwelt“ diskutiert und verhandelt.2 Um es kurz zu sagen: Kunst und Architektur sollten in einer Synthese aufeinander abgestimmt sein, sozialistische Lebensräume schaffen und somit dem Aufbau und dem Erhalt der sozialistischen Gesellschaft dienen.3

Wie fügen sich die drei bisher nur angedeuteten Kunstwerke an der Leipziger Straße in dieses komplexe theoretische Gefüge ein? Und eine ganz aktuelle Frage: In welchem Verhältnis zu ihrer Umgebung stehen sie jetzt?
Der freundlich winkende Riese an der Friedrichsgracht bietet uns einen ersten Zugang.

Walter Womacka, Der Mensch, Maß aller Dinge, 1968, 58 Friedrichsgracht, Foto: courtesy KVOST, Berlin & Edouard Compere

Das 15 x 6 Meter große Wandbild Der Mensch, Maß aller Dinge aus emaillierten Kupferplatten wurde 1968 vom Künstler Walter Womacka (1925–2010) für das im selben Jahr erbaute Ministerium für Bauwesen der DDR geschaffen. Die Beziehung zwischen dem Kunstwerk und seinem Standort ist offensichtlich: Die zentrale Figur ist durch den in der linken Hand gehaltenen Bauplan als Ingenieur oder Architekt erkennbar. Über ihr sind mathematische Gleichungen, Kurven und Diagramme zu sehen, die auf die hochtechnologisierte moderne Baukunst verweisen. Die Einfassung der Figur in konzentrische Kreise knüpft wiederum an Leonardo Da Vincis Vitruvianischen Menschen und die mit diesem verbundene Proportionslehre an.4

Das Bild ist Teil einer ganzen Reihe von Kunstwerken Womackas, die die Regierungsbauten im Stadtzentrum schmückten.5 Dieses Wandbild war somit Teil eines künstlerisch-ideologischen Koordinatensystems, das sich über das politische und gesellschaftliche Zentrum der DDR erstreckte. Von der Gertraudenstraße aus unübersehbar, leitete es das neue Wohngebiet sozusagen visuell und programmatisch ein. Somit erfüllte es eine der zentralen Aufgaben architektur-bezogener Kunst: die Gestaltung eines „Erkenntnisraums“, die Formulierung einer gesellschaftlich geprägten Aussage.6 In diesem Fall sollte das neue, sozialistische, an den Menschen angepasste Bauen der DDR thematisiert werden, wie es wenige Jahre später im Komplex Leipziger Straße entstand.
So blieb es auch bis zum Jahr 2010. Zu diesem Zeitpunkt waren schon mehrere Punkte des eben angesprochenen Koordinatensystems verschwunden7 und das Ministerium für Bauwesen musste ebenfalls Neubebauungsplänen weichen. Zunächst sollte auch das Wandbild abgerissen werden, der Einsatz des Vereins „Freundeskreis Walter Womacka“ sorgte jedoch dafür, dass die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) das Bild abtrug und 2013 an seinen heutigen Standort versetzte.8 Nun ist es interessanterweise dem Westen zugewandt und von der großen Straße aus kaum mehr sichtbar. Genauso wie die visuelle Anbindung an der Magistrale Leipziger Straße sind die politisch-ideologischen Bezüge nur noch schwer zu fassen. Der Ingenieur im Bild schaut nun auf das Reichsbankgebäude von 1934 und auf die Jungfernbrücke, die älteste in Berlin, statt auf die neuesten Errungenschaften des sozialistischen Bauens.
Immerhin konnte das Wandbild Womackas, anders als viele abgerissene oder abgetragene Kunstwerke aus der DDR, einen neuen Platz finden, nicht zuletzt durch den Einsatz örtlicher Akteure wie der WBM. Durch die Anbringung an ein Wohnhaus in einer Seitenstraße gewinnt es möglicherweise die nötige Distanz, um die eben beschriebene Bedeutung des Bildes als historisches Dokument eines Systems sichtbar zu machen, welches nicht mehr vorhanden ist, das jedoch das Stadtbild weiterhin prägt.

Karl-Heinz Adler und Friedrich Kracht, Betonformsteinsystem, 1968, Leipziger Str. 42–48, Foto: Edouard Compere

Nur wenige hundert Meter entfernt, auf der Südseite der Leipziger Straße, befindet sich das Zentrum des neuen Wohnkomplexes. Die Betonformsteine, die am Fuß der mächtigen Hochhäuser große Teile des Erdgeschosses verkleiden, weisen zunächst keine Verwandtschaft zum farbenfrohen Werk Womackas auf.
Die einzelnen, 60 x 60 Zentimeter großen Formsteine verschmelzen zu einer leicht bewegten Fläche, sie fangen das Licht ein und werfen geschwungene Schatten. Verschiedene Metaphern bieten sich an: ein weißes, im Wind flatterndes Tuch, die plötzlich erfrorene Oberfläche eines Sees, das zu Stein gewordene Plätschern eines Bachs. Erneut ist die Realität pragmatischer. Das Beton-Formstein-Programm für die plastisch-dekorative Wandgestaltung entstand 1968 in Dresden in der Produktionsgenossenschaft bildender Künstler „Kunst am Bau“, durch die Zusammenarbeit der Künstler Karl-Heinz Adler (1927–2018) und Friedrich Kracht (1925–2007).9 Ab den 1970er Jahren fester Bestandteil des Angebots des VEB Stuck- und Naturstein, fand es Anwendung in zahlreichen DDR-Städten.

Das Formsteinsystem zeichnet sich durch seine Modularität aus. Ausgehend von zwölf Grundformen und einigen abgewandelten Eck- und Randformen können unzählige Variationen und Muster entstehen, sodass aus dem standardisierten Baukasten heraus individuelle Lösungen erarbeitet werden können. Während die Materialität der Steine sowie ihre strenge Regelmäßigkeit an die Eigenschaften der ebenfalls systematisierten Hochhäuser anknüpft, stehen sie aufgrund ihrer bewegten, plastischen Gestaltung doch wieder im Kontrast zu ihnen.
Sonst häufig als frei stehende Mauer zur Gestaltung von Grünflächen eingesetzt,10 ähneln sie hier eher der Rustizierung, die an vielen repräsentativen Bauten des 19. Jahrhunderts in Berlin zu sehen ist. Aber anders als die grob behauenen Steine dieser Gebäude, die den Eindruck tektonischer Stabilität vermitteln und somit rein architektonische Elemente sind, sollen die Formsteine die angestrebte Synthese von Kunst und Architektur sichtbar machen. Als „Synthese von tektonischem und plastischen Formprinzip“11 wurden Formsteine mitunter als Brücke zwischen bildender Kunst und Architektur verstanden, ein wichtiger Teil der angestrebten Erneuerung der Baukunst, wie sie im Wandbild Womackas gefordert wurde. Ihre Serialität und Regelmäßigkeit sollte genau wie der industrielle Wohnungsbau die Entwicklung einer gerechteren, rational organisierten Gesellschaft widerspiegeln.12

Letztendlich wurden Formsteine wie diese vor allem in späteren Jahren eher dort eingesetzt, wo Mittel für aufwendigere Gestaltungen fehlten, oder als bloße Oberflächenveredelung für die allgegenwärtigen Typenbauten. An der Leipziger Straße sind sie jedoch für die Berliner Mitte einmalig, anders als zum Beispiel im Randbezirk Friedrichsfelde, wo sie öfters auftreten. Darüber hinaus bleiben sie hier noch weitgehend als „Ensemble“ erhalten und geben somit den Hochhäusern eine besondere visuelle Identität.
Zu welchem Grad die Formsteine heute noch bewusst wahrgenommen werden, bei der Heimkehr oder auf dem Weg zum Supermarkt, lässt sich nur schwer einschätzen. Abseits der komplexen theoretischen Untermauerung dieser minimalistischen Kunst13 ist ihr Erfolg vielleicht am besten daran zu erkennen, dass sie auch ohne dieses Wissen funktionieren. Regelmäßigkeit führt nicht zwingend zu Eintönigkeit und die bewegten Oberflächen spiegeln heute eher belebte Urbanität als Konformität wider.

Wilfried Fitzenreiter, Paris, 1979, Leipziger Str. 54–56, Foto: Edouard Compere

Wandbild und Formsteine bespielen eindeutig den öffentlichen Raum: Ihre Wirkung entsteht erst, indem sie in die Öffentlichkeit eingreifen und sie mitgestalten, als programmatische Ansage oder systemische Struktur. Das letzte Objekt unserer Begegnungen entlang der Leipziger Straße hat ein anderes Verhältnis zur Öffentlichkeit.
Die Grünfläche neben der Kita Jerusalemer Straße wirkt wie ein eingeschlossenes Dreieck, auf allen Seiten von hohen Wohnhäusern umzingelt. Bäume, eine etwas zertrampelte Rasenfläche, ein Spielplatz. Der Kontrast zur monumentalen Breite der Verkehrsstraße ist groß. Der begrünte Hinterhof ist ein für die Großstadt typischer Rückzugsort. Hier wurde 1982, neun Jahre nach dem Bau der Wohnhäuser, die Bronzefigur Paris von Wilfried Fitzenreiter aufgestellt.

Die Figur, ein unbekleideter junger Mann, sitzt nach vorne gewandt auf ihrem Sockel. Von Anspannung ist in dem geschmeidig modellierten Körper keine Spur, seine Gelassenheit grenzt an Apathie und Abwesenheit. Dies ist vielleicht dadurch zu erklären, dass dem Jüngling sein eigentlicher Bezugspunkt fehlt. Die Plastik war als Teil einer Gruppe mit dem Titel Urteil des Paris mit drei ebenfalls nackten Göttinnen 1979 im Auftrag von Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) geschaffen worden, wo diese Gruppe heute noch zu sehen ist. In dieser Konstellation wird aus Apathie Unentschiedenheit, was wiederum der mythologischen Erzählung entspricht. Dass die drei anzüglichen Göttinnen neben einem Kindergarten eher unpassend wären, liegt auf der Hand. Die Entscheidung, einen weiteren Abguss des Paris hier allein aufzustellen, zeugt von dem Versuch, einen „Raum der Kontemplation“ zu schaffen.14 Also einen Raum, in dem es auf die Begegnung mit dem Kunstwerk auf einer ästhetischen und emotionalen Ebene ankommt.

Im Lauf der 1970er Jahren erkannte man, dass insbesondere bei der Gestaltung von Räumen des täglichen Lebens ein Bedürfnis nach Verschönerung und dekorativen Formen beachtet werden sollte. Während im Stadtzentrum aussagekräftige, programmatische Kunst durchaus weiter gefordert war, sollte in Wohnkomplexen „das Maß der tatsächlichen Begegnungsfähigkeit des Betrachters mit der Kunst“ nicht überzogen werden.15 Diese Entwicklung wurde durchaus kritisch gesehen, als ein Rückzug ins Dekorative und ein Verlust von Inhalten,16 war letztendlich aber auch Ausdruck eines zunehmenden Wunsches nach einer realitätsnahen Kunstpolitik in der Bevölkerung. Die späte Aufstellung der Paris-Plastik 1982 suggeriert, dass sie in Abstimmung mit den BewohnerInnen auf den Hof kam und nicht Teil der ursprünglichen Planung für den Wohnkomplex war.17 Doch gerade solche frei stehenden Bronzefiguren sind heute besonders davon gefährdet, in Vergessenheit zu geraten und dadurch auch reale Schäden zu erleiden. Oft ohne jegliche Angabe zu KünstlerIn, Titel oder Aufstellungsjahr versehen, sind sie besonders auf die lokale Überlieferung und Tradierung angewiesen. Der Verlust von Identifikation und damit einhergehender Wertschätzung begünstigt Schmierereien, Beschädigungen oder Diebstahl. Während ideologisch geprägte Wandbilder zumindest durch die Polemik um ihren Erhalt oder Verlust sichtbar bleiben und abstrakt-konstruktive Formsteine von der Wiederentdeckung der Ost-Moderne profitieren, bedürfen solche Plastiken zu ihrer Erhaltung einer persönlichen Begegnung und Auseinandersetzung.

Kunstwerke sind Teil des Gedächtnisses einer Nachbarschaft oder, in diesem Fall, eines Wohnkomplexes. Sie schaffen nicht nur Identifikations- und Erinnerungswerte für die Nachbarschaft: Ihre Geschichte zu erzählen heißt auch, auf die größeren politischen und städtebaulichen Rahmenbedingungen aufmerksam zu machen, die einem Wohngebiet sein Gesicht geben. Der in einem der Hochhäuser auf der Leipziger Straße beheimatete Kunstverein Ost (KVOST) hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Zugang zu erleichtern. Mit dem Projekt „DA SEID IHR JA!“ (2021) werden Informationen zu diesen und vielen anderen Kunstwerken im öffentlichen Raum angeboten, um einen Austausch und eine Diskussion zwischen AnwohnerInnen, TouristInnen und schließlich den Objekten selbst zu ermöglichen. Das Projekt versteht sich als Brückenbauer zwischen Kunst, wissenschaftlicher Recherche, zeitgeschichtlicher Aufarbeitung und breitenwirksamer Vermittlung. Diese drei Begegnungen konnten hoffentlich zeigen, wie fruchtbar eine solche Herangehensweise für das Verständnis unserer „komplex gestalteten Umwelt“ ist.

  1. Vgl. Bruno Flierl: „Der zentrale Ort in Berlin – Zur räumlichen Gestaltung sozialistischer Zentralität“, in: Günter Feist/Eckhart Gillen/Beatrice Vierneisel (Hg.): Kunstdokumentation SBZ/DDR 1945–1990: Aufsätze, Berichte, Materialien, Berlin 1996, S.320–358 für eine ausführliche Darstellung der Planungen um das Stadtzentrum, insb. S. 344 für eine Abbildung des 1964 beschlossenen Plans in dem die Wohnsiedlung Fischerinsel bereits ihre spätere Gestalt angenommen hat.
  2. Vgl. Thomas Flierl: „Das (staats-)sozialistische Gesellschaftsmodell. Stadtplanung, Architektur und Kunst am Bau in der DDR“, in: Ute Chibidzura/Constanze von Martin (Hg.): Kunst am Bau in der DDR. Gesellschaftlicher Auftrag, politische Funktion, stadtgestalterische Aufgabe, Berlin 2020, S. 10–27, hier S. 20. Der gesamte Beitrag gibt einen guten Überblick über die Entwicklungen der Kunst am Bau im Laufe der Geschichte der DDR.
  3. Vgl. Ullrich Kuhirt: Bildkunst und Baukunst. Zum Problem der Synthese von Kunst und Architektur in der DDR, Berlin 1970, S. 1456 für eine ausführliche, stark ideologisch gefärbte Analyse jener Synthese.
  4. Die Darstellung bezieht sich ebenfalls auf Le Corbusiers Proportionssystem „Modulor“, vgl. Luise Helas: „Walter Womacka. Sein Beitrag zur achitekturbezogenen Kunst in der DDR“, in: Luise Helas/Wilma Rambow/Felix Rössl (Hg.): Kunstvolle Oberflächen des Sozialismus: Wandbilder und Betonformsteine, Weimar 2014, S. 19–103, hier S.70.
  5. Im Einzelnen sind dies ein Fensterbild im nahegelegenen Staatsratsgebäude (1963), das Mosaik am Haus des Lehrers (1964), drei Wandbilder im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten (1967), der Brunnen der Völkerfreundschaft am Alexanderplatz (1970), das Kupferrelief am Haus des Reisens (1972) und ein Tafelbild im Palast der Republik (1975).
  6. Vgl. Klaus Werner: „Die Wirkung bildkünstlerischer Gestaltungen in der städtischen Umwelt unter besonderer Berücksichtigung von Wohngebieten“, in: Architektur und bildende Kunst. Probleme ihrer Synthese, Bd. 49 der Schriftenreihen der Bauforschung: Reihe Städtebau und Architektur, Bauakademie der DDR, Berlin 1974, S. 37–50, hier S.46.
  7. 1996 wurde das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten abgerissen, 2000 verschwand die Großgaststätte Ahornblatt (gegenüber des Ministeriums für Bauwesen), 2008 war der Palast der Republik endgültig beseitigt.
  8. Vgl. „Ornament Revisited. Formsteinsystem von Karl-Heinz Adler und Friedrich Kracht“, in: Arch +, 89 (2008), S. 98 für eine kurze Darstellung des Systems.
  9. Vgl. zum Beispiel die Mauer am Eingang des Tierparks in Berlin Friedrichsfelde.
  10. Siegfried Tschierschky: „Durchbruchplastische Versuche zur Erforschung diebezüglicher Bedingungen der industriebetonten Architektur“, in: Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar (Hg.): Wissenschaftliche Zeitschrift der Hochschule für Architektur und Bauwesen 11 (1964), S. 561–567, S. 561, zitiert nach: Felix Rössl: „Ornament des Plattenbaus. Hubert Schiefelbeins Betonformsteine im Bezirk Erfurt (1970–1979)“, in: Kunstvolle Oberflächen des Sozialismus (Anm. 4), S. 171–223, hier S.185.
  11. Vgl. Hillmann: „Zum Verhältnis von serieller Architektur und Kunst in der DDR“ (Anm. 2), S. 28–45, hier S. 41.
  12. Vgl. „Ornament Revisited“ (Anm. 9). Die künstlerische Qualität des Systems ist außerdem dadurch belegt, dass im Angebotskatalog für Betonwaren und Werksteinerzeugnisse des örtlich geleiteten Bauwesens in Berlin, Hauptstadt der DDR von 1984 auf Seite 2.1 ausdrücklich erklärt wird: „[D]ie Produktionsgenossenschaft Bildender Künstler – Kunst am Bau […] übernimmt den Entwurf, die Projektierung und die gestalterische Beratung“, ein ungewöhnlicher Hinweis in einem Katalog für typisierte Baumaterialien.
  13. Werner: „Die Wirkung bildkünstlerischer Gestaltungen“ (Anm. 6), S. 47.
  14. Werner: „Die Wirkung bildkünstlerischer Gestaltungen“ (Anm. 6), S. 48.
  15. Vgl. Flierl: „Das (staats-)künstlerische Gesellschaftsmodell“ (Anm. 2), S. 23.
  16. Vgl. Flierl: „Das (staats-)künstlerische Gesellschaftsmodell“ (Anm. 2), S. 24.

Weitergehen

Potsdamer Platz

Potsdamer Platz is the most prominent location caught in one of these time warps.

Öffentlichkeit

…in der Öffentlichkeit des „Man“ verliert sich Frau Rieckes Existenz.

DDR

U8. Die Ader quer durch die Stadt. Vom Norden in den Süden. Zu DDR-Zeiten raste sie unter Ost-Mitte einfach durch.

Umwelt

…hinein in eine „entorganisierte“ (sprich: sich nicht organisch mit ihrer Umgebung verbindende) Stadt, die deshalb nicht in ihre Umwelt eingebunden ist, weil diese selbst nichts Organisches hat.

Spielplatz

In der Kita baut es Freundschaften und Bindungen auf, das Kind lernt das Viertel kennen, in dem es wohnt, Spielplatz, Kaufhalle, Bordsteinkante.

Hof

Stehe ich heute an meinem Fenster zum Hof, dann beobachte ich ganz andere Nachbarschaften.

Gestaltung

Im Deutschland des Jahres 2012 ist das Bundesfinanzministerium zuständig, das in enger Abstimmung mit einem Programm- und einem Kunstbeirat professionelle Designer mit der Gestaltung beauftragt.

Urbanität

Man kann hier seinen Alltag bequem organisieren, seine Rituale verfeinern, ohne ständig beobachtet, hoch- oder runtergeschrieben zu werden. Urbanität im Windschatten würde ich das nennen.

Hinterhof

Sie selbst kann abends den Lärm hören, der aus dem Haus dringt. Sie selbst hat in ihrem Hinterhof das Ungeziefer gesehen, das aus dem Haus in die Nachbarhäuser dringt.

TouristInnen

Ich kannte die Gegend im Südwesten wie ein Tourist, war mit Hamburg oder Frankfurt besser vertraut und stand dem sofort einsetzenden Spott der Freunde daher ratlos gegenüber.

Kunst

Hier in Berlin gibt’s bald keine Kunst und Zukunft mehr.

Bäume

Ihm aus dem Fenster nachzusehn wie von Bäumen, Abgang im Kastanienhagel…

Hochhäuser

Am frühen Abend des 24. Januar 2018 liefen die Zeilen von Gomringers avenidas in riesigen Lettern über das LED-Display auf dem Dach des Axel-Springer-Hochhauses in Kreuzberg.

Autoverkehr

kaum Autoverkehr, nur vereinzelt kommen Passanten des Wegs, über allem liegt die Stille eines Wochenendes im Lockdown.

Mitte

…sollte an der Grenze von Kreuzberg und Mitte (und zugleich: auf der früheren Grenze zwischen West und Ost) in einem symbolischen Akt des Widerstands umso größere – und digital vervielfachte – Wahrnehmbarkeit erlangen.

Synthese

…und von den einstigen Ansprachen des Revolutionsführers Gahis heißt es, er habe sich „in freier Synthese aller in der Stadt gebräuchlichen Sprachen und Mundarten“ bedient (116).

Architektur

Was der Architektur der Konzertsäle gelingt, findet außerhalb keine soziale Entsprechung.

Distanz

Schon für ihren ehemaligen Professor Max Weber war das Prinzip der großstädtischen Nachbarschaft – insbesondere in den Mietskasernen – „auf Innehaltung möglichster Distanz trotz (oder auch gerade wegen) der physischen Nähe […] gerichtet […].“

Schatten

Darunter, im Schatten des Gangs, der den Gehsteig vor den Geschäften einengt und der mit einer Plane verdunkelt ist, haben die neuen Händler endlich einen Ort gefunden…

Vergessenheit

She wanted people to be decently housed, but she also wanted to cause irreparable damage to narratives of progress washing over the city with their pale blue saline reminiscence of forgetfulness.

Koordinatensystem

Ich notiere dann schnell Koordinaten in mein Handy, um den Eingang später wiederzufinden.

Supermarkt

Und hätte die Frau anderntags im Supermarkt nicht ein blaues Auge entstellt, so hätte ich vermuten müssen, aller Skandal sei einzig meiner und Markus’ Phantasie entsprungen.

Wohnungsbau

Da aber soziale Ungleichheiten in Deutschland oft auch räumlich sehr nah bei- und nebeneinander existieren – wie etwa bei Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern auf der einen Straßenseite und sozialem Wohnungsbau oder informellen Siedlungen auf der anderen…

Brücke

Er nennt sein Etablissement „den Versuch […], eine Brücke zwischen den Kulturen zu errichten“ (66).

Oberflächen

In Emmanuel Van der Auweras Film The Sky is on Fire ist passenderweise alles auf Oberflächen reduziert, aber die Oberflächen verschmelzen beinahe, dabei gehen sie kaum ineinander über…

Leipziger Straße

in der Galerie KVOST in der Leipziger Straße in Mitte werden mir wunderbare belarussische Fotografinnen nahegebracht

Stadtzentrum

Unsere Straße führte vom Camino de Ronda leicht ansteigend Richtung Stadtzentrum hinauf.

Baukunst

Dabei kommt Baukunst die Aufgabe zu, den Menschen in seinen Möglichkeiten zu befördern.

Ein guter Nachbar ist das halbe Leben.

Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon, 1873

Über das Projekt

Die Anthologie NACHBARSCHAFTEN, herausgegeben von Christina Ernst und Hanna Hamel, ist eine Publikation des Interdisziplinären Forschungsverbunds (IFV) „Stadt, Land, Kiez. Nachbarschaften in der Berliner Gegenwartsliteratur“ am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung in Berlin. Seit 2019 erforscht das Projekt das Phänomen der Nachbarschaft in der Gegenwartsliteratur und bezieht dazu Überlegungen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen mit ein. In der im November 2020 online gestellten Anthologie können Leser*innen durch aktuelle Positionen und Perspektiven aus Literatur und Theorie flanieren, ihre Berührungspunkte und Weggabelungen erkunden und sich in den Nachbarschaften Berlins zwischen den Texten bewegen.